Astronomieseiten von Dr. Rainer Haas



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Venus



Rainer Haas



Venus ist der zweite Planet von der Sonne aus gesehen. Die wichtigsten Daten:

Äquatordurchmesser: 12.104 km

Masse: 0,815 (Erde=1); 4,87 * 1024 kg

mittlere Dichte: 0,943 (Erde=1); 5,20 g/cm3

Oberflächenschwerkraft: 0,907 (Erde=1)

Oberflächentemperatur: +482°C

Rotationsdauer: 243,02 Tage

Äquatorneigung: 177,36°

Entweichgeschwindigkeit: 10,36 km/s

Bahnexzentrität: 0,0068

Mittl. Bahngeschwindigkeit: 35,02 km/s

Entfernung von der Sonne: 108,9 (Aphel) bis 107,5 (Perihel) Mill. km

Umlaufzeit um die Sonne: 224,7 Tage

Bahnneigung gegen die Ekliptik: 3,394°

Albedo: 0,65

scheinbarer Durchmesser von der Erde aus: 10" bis 64"

scheinbare Helligkeit von der Erde aus: bis -4,6m



Venus umkreist die Sonne in einem mittleren Abstand von 108,20 Mill. km in 224,70 Tagen. Sie rotiert retograd in 243,02 Tagen um ihre Achse, ein Venustag ist um 8,2% länger als ein Venusjahr. Die Rotationsperiode wurde 1964 mit erdgebundenen Radarbeobachtungen bestimmt. Durchmesser, Dichte, Masse und Oberflächenschwerkraft sind ähnlich der Erde.



Das Verhältnis der Rotationsdauer der Venus und der Umlaufperiode der Erde um die Sonne beträgt 2:3. Ist dies Zufall oder eine bisher nicht erklärbare Resonanz, die ihre physikalische Ursache in der Entstehungszeit des Sonnensystems haben könnte?



Venus gehört zu den inneren Planeten. Da sie die Sonne in geringerem Abstand wie die Erde umkreist, zeigt sie wie Mond und Merkur Phasen. Mit einer Maximalhelligkeit von -4,6m ist die Venus nach Sonne und Mond das hellste Objekt am Himmel. Unter guten Bedingungen kann sie von der Erde aus am Taghimmel wahrgenommen werden. Bei Abendsichtbarkeiten wird sie als "Abendstern", bei Morgensichtbarkeiten als "Morgenstern" bezeichnet. In größter Erdentfernung (259 Mill. km) in der oberen Konjunktion erscheint sie im Fernrohr als 10" großes Scheibchen als Vollvenus. In größter Erdnähe in einer Entfernung von nur 40 Mill. km, der unteren Konjunktion, erscheint sie als Neuvenus mit einem scheinbaren Durchmesser von 64". Die Maximalhelligkeit, der sog. "größte Glanz", wird 5 bis 6 Wochen vor bzw. nach der unteren Konjunktion erreicht. Von der Erde aus sind aufgrund der geschlossenen dichten Wolkendecke keine Oberflächeneinzelheiten auf der Venus sichtbar.



Die Atmosphäre besteht aus 96% Kohlendioxid, 3,5% Stickstoff und 0,14% Wasserdampf mit Spurenanteilen von Schwefeldioxid, Sauerstoff, Helium, Neon und Argon. Die Wolkenobergrenze befindet sich in 70 km Höhe bei einem Druckniveau von 0,2 bar, die Wolkenuntergrenze in ca. 50 km Höhe. Die Wolken bestehen u.a. aus Schwefelsäuretröpfchen. Der Oberflächendruck liegt bei 90 bar. Die Windgeschwindigkeiten in der höheren Atmosphäre liegen bei bis zu 100 m/s; am Boden werden maximale Windgeschwindigkeiten von 10 m/s erreicht.



Der hohe Kohlendioxidgehalt der dichten Atmosphäre übt einen Treibhauseffekt aus. Dadurch liegt die Oberflächentemperatur auf der Venus bei +482°C.



Im Juni 1996 kreuzte Venus zum Zeitpunkt der Konjunktion die Verbindungslinie Erde-Sonne, eine Konstellation, die nur alle 224 Jahre stattfindet. Das europäische Sonnenobservatorium SOHO, das im Librationspunkt zwischen Sonne und Erde positioniert ist, entdeckte einen Ionenschweif der Venus.



Von den Landern der Venera 13- und Venera 14-Sonde wurde am Landeort die Zusammensetzung der Oberfläche durch Röntgenfluoreszenzuntersuchungen ermittelt. Der Venusboden enthält 45,1% bzw. 48,7% SiO2, 15,8 bzw. 17,9% Al2O3, 11,4% bzw. 8,1% MgO, 7,1% bzw. 8,1% CaO, 9,3% bzw. 8,8% FeO, 4,0% bzw. 0,2% K2O sowie 0,2% bzw. 0,16% MnO.



Die Oberfläche der Venus wurde mittels erdgestützter Radarbeobachtungen sowie durch Radarbeobachtungen von 4 Sonden (Pioneer Venus, Venera 15, Venera 16 und Magellan) untersucht.



Die Oberfläche der Venus weist Höhenunterschiede von 13 km auf. Sie ist glatter als die der Erde, Höhenlagen ab 1,5 km bedecken lediglich 8% der Oberfläche. Im Norden der Venus befindet sich das Hochland Ishtar Terra mit dem höchsten Berg der Venus, Maxwell Montes (Höhe 10,6 km). Das flächenmäßig größte Hochland ist Aphrodite Terra im Äquatorbereich der Venus mit einer Ausdehnung von 3.200 km * 9.800 km. Es ist etwa halb so groß wie Afrika. Zwei große 4-5 km hohe Schildvulkane, Rhea Mons und Theira Mons, bilden die Hochebene Beta Regio. Die größte Tiefebene ist Atlanta Platina nördlich von Aphrodite Terra. Sie ist etwa kreisförmig und könnte ein Einschlagkrater sein.



Die Oberfläche der Venus kann in Tiefebenen (20%) wellige Hügelländer (70%) und bergige Hochländer (10%) eingeteilt werden. Die Venus besitzt eine alte Oberfläche. Es sind keine Anzeichen von Plattentektonik wie auf der Erde vorhanden, jedoch war (oder ist) die Venus vulkanisch aktiv.



- Bilder: topven1.gif, venus1.gif und venview2.gif: Venus-Topographie nach Radardaten, Magellan, NASA

pancake.gif: "Pfannkuchen-Vulkane", gebildet durch hochviskose Lava, Magellan, NASA

golubnew.gif: Einschlagkrater Golubkina, Durchmesser 30,1 km, Magellan, NASA







Venus-Missionen



Insgesamt wurden bis 1997 26 Missionen zur Venus durchgeführt. Bei einigen dieser Missionen war Venus nicht das primäre Missionsziel. Insgesamt ist die Bilanz der Venusmissionen wesentlich erfolgreicher als die der Marsmissionen. Nur vier Missionen schlugen fehl.



1961, 1964 und 1965 geht der Kontakt zu den Sonden Venera 1, Zond 1, Venera 2 und Venera 3 verloren, es werden keine Daten übermittelt.

Mariner 2 überfliegt am 14.12.1962 die Venus in 34.800 km Höhe und untersucht die Oberfläche im Infrarot- und Mikrowellenbereich. Die Oberflächentemperatur wird zu +425°C bestimmt.



Venera 4 tritt am 18.10.1967 in die Venusatmosphäre ein. Als Hauptbestandteil der Atmosphäre werden 90-95% Kohlendioxid bestimmt. Die Oberflächentemperatur wird zu +500°C ermittelt. Bei einem Druck von 75 bar wird die Sonde zerstört, bevor sie die Oberfläche erreicht.



Mariner 5 fliegt am 19.10.1967 in einer Höhe von 3.900 km an Venus vorbei. Die Sonde untersucht das Magnetfeld und findet 85-99% Kohlendioxid in der Atmosphäre.

Venera 5 tritt am 16.5.1969 in die Venusatmosphäre ein. Die Bestandteile der Atmosphäre werden zu 93-97% Kohlendioxid, 2-5% Stickstoff und weniger als 5% Sauerstoff bestimmt. 26 km über der Oberfläche wird die Sonde durch den hohen Atmosphärendruck zerstört.



Venera 6 tritt einen Tag nach Venera 5 in die Atmosphäre ein. Sie liefert analoge Daten wie Venera 5 und wird 11 km über der Oberfläche zerstört.



Venera 7 landet am 15.12.1970 weich auf der Venus und sendet 23 Minuten lang Daten. Die Oberflächentemperaur beträgt +475°C, der Druck 90 bar.



Venera 8 landet am 22.7.1972 weich auf der Venus und sendet 50 Minuten lang Daten. Während des Abstieges werden die Windgeschwindigkeiten bestimmt: 100 m/s über 48 km Höhe, 40-47 m/s in 42-48 km Höhe und weniger als 10 m/s unter 10 km Höhe.



Auf seinem Weg zum Merkur fliegt Mariner 10 am 5.2.1974 an Venus vorbei. Die Sonde nimmt Bilder der Wolkenoberfläche auf und bestimmt die Temperatur an der Wolkenobergrenze zu -23°C.



Venera 9 und Venera 10 erreichen Venus am 22.10. und 25.10.1975. Beide Sonden besitzen einen Orbiter, der die obere Atmosphäre untersucht, sowie einen Lander. Die Lander setzen weich auf der Venus auf und übermitteln eine Stunde lang Daten, u.a. Panoramaaufnahmen der Landeplätze.



Pioneer Venus 1 (Pioneer 12) erreicht am 4.12.1978 einen Venusorbit und kartographiert die gesamte Venusoberfläche mittels Radarabtastung mit geringer Auflösung. Die Sonde übermittelt bis zum 8.10.1992 Daten.



Pioneer Venus 2 (Pioneer 13) tritt am 9.12.1978 in die Atmosphäre ein und entläßt 4 Atmosphärensonden.



Venera 12 landet am 21.12.1978, Venera 11 am 25.12.1978 auf der Venus. Die Sonden übermitteln 110 bzw. 95 Minuten Daten von der Venusoberfläche, u.a. Panoramaaufnahmen der Landeplätze.



Venera 13 landet am 1.3.1982, Venera 14 am 5.3.1982 auf der Venus. Mit Röntgenfluoreszenz wird als Gesteinsart Basalt gefunden. Die Sonden liefern erstmals farbige Panoramaaufnahmen der Landeplätze.



Die Orbiter Venera 15 und Venera 16 treten am 10.10.1983 und 14.10.1983 in die Venusumlaufbahn ein. Sie kartographieren mittels Radarabtastung mit einer Auflösung von 1-2 km die nördliche Venushemisphäre bis zum 30. Breitengrad.



Vega 1 und Vega 2 fliegen auf ihrem Weg zum Kometen Halley am 11.6.1985 und 15.6.1985 an Venus vorbei und entlassen je einen Lander und einen Atmosphärenballon. Die Ballons bestimmen Windgeschwindigkeiten bis 240 km/h.



Galileo fliegt auf seinem Weg zum Jupiter am 10.2.1990 am Venus vorbei und gewinnt Meßdaten.



Magellan tritt am 10.8.1989 in einen Venusorbit ein und kartographiert 99% der Planetenoberfläche mittels Radarabtastung mehrfach mit 300 m Auflösung, wodurch stereoskopische Darstellungen ermöglicht werden. 1994 wird ein kontrollierter Absturz auf die Venus durchgeführt.



Die Saturnsonde Cassini soll am 21.4.1998 und 20.5.1999 Swing-By-Manöver an der Venus durchführen. Dabei werden wissenschaftliche Daten gewonnen.



Quellen:

Hamilton, C.J. (1997): Views of the Solar System. http://bang.lanl.gov/solarsys

Arnett, B. (1997): The Nine Planets. http://seds.arizona.edu/nineplanets

National Space Science Data Center (1997): Planetary Fact Sheets. http://nssdc.gsfc.nasa.gov/planetary/factsheet

National Space Science Data Center (1997): NSSDC Master Catalog Spacecraft. http://nssdc.gsfc.nasa.gov/cgi-bin/database

Rükl, A. (1996): Bildatlas des Weltraums. Bechtermünz Verlag, Augsburg

dtv-Atlas zur Astronomie (1990). DTB-Verlag, München, 10. Auflage

Beatty, J.K.; O'Leary, B.; Chaikin, A. (1985): Die Sonne und ihre Planeten. Physik-Verlag, Weinheim

Ksanfomaliti, L. (1978): Planeten. MIR Moskau



Abbildungen sind in diesem Beitrag nicht enthalten. Sie können unter den angegebenen Quellen heruntergeladen werden.


Dies ist eine Leseprobe. Dieser Beitrag (mit Bildern) erscheint in der Enzyclopädie für Naturwissenschaft und Technik; copyright: Rainer Haas, 1998.



Herausgeber der Enzyclopädie für Naturwissenschaft und Technik (EN&T) ist der ecomed-Verlag, Rudolf-Diesel-Str. 3, D-8689 Landsberg (http://www.ecomed.de/journals.htm)





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